Bergsteigen mit Bagger? Das kann ja wohl nur eine Erfindung aus der Schweiz sein! Und doch ist es ein Unternehmer aus Baden-Württemberg, der diesen Schreitbagger Typ Menzi Muck A91 4x4 Plus in dieser von schroffen Geländeabbrüchen gekennzeichneten Region erfolgreich einsetzt

In der letzten Januarwoche hat eine ausdauernde Inversionswetterlage die Region Hohenlohe im Norden Württembergs fest in ihrem eiskalten Griff. Frühmorgens, während sich die Sonne noch müht, das Dunkel der Nacht zu vertreiben, hat für Andreas Eberle bei klirrender Kälte ein arbeitsreicher Tag begonnen.

Eberle ist Geschäftsführer und Inhaber eines Baggerunternehmens aus Neuenstein bei Schwäbisch Hall und soll heute im Auftrag des Amts für Liegenschaften und Stadterneuerung der Stadt Heilbronn in der Stadt ein Hanggrundstück roden. Doch zunächst gilt es, das benötigte Equipment zusammenzustellen. Die eisigen Temperaturen an diesem Montagmorgen sind dabei nicht zuerst ein Problem für ihn selbst und seine Mitarbeiter. Vielmehr hat es bereits einige Mühe gekostet, dem firmeneigenen Actros 2644, der die Fuhre in die Neckarmetropole bringen soll, zum Laufen zu bringen. Wohlgemerkt – der Lkw ist erst wenige Jahre alt. Doch genau das ist das Problem: Bei minus 17 Grad setzt sich schon mal der Dieselfilter des Euro-5-Trucks zu und dann geht zunächst nichts mehr.
Aus diesem Grund hat Eberle Birk Hofmann, einen seiner Mitarbeiter, auch gleich dahin beordert, wo sein wichtigstes Arbeitsgerät für diesen Auftrag – ein Schreitbagger Typ Menzi Muck A91 4x4 Plus – bereits fertig verladen auf einem Tieflader abgestellt ist. Als Eberle den Actros gekonnt vor der Deichsel des Tiefladers parkt, läuft der Diesel des Baggers dank Hofmann bereits einige Minuten. Er beschließt, die Maschine während der knapp halbstündigen Fahrt laufen zu lassen, damit ihre Hydraulik halbwegs Betriebstemperatur erreicht hat, wenn er ankommt.
Arbeitsbeginn im Morgengrauen

Der Auftrag, den Eberle und sein Team heute in Angriff nehmen, ist im Grunde genommen nichts Besonderes. Dann zumindest nicht, wenn man die topografische Situation vor Ort außer Acht lässt. Doch der Hang entlang der Böckingerstraße hat es in sich: Über 35, vielleicht auch vierzig Meter fällt das Gelände in einem extrem steilen Winkel von gut und gerne 45 Grad Richtung Neckar ab. „Eigentlich ein Fall für ein mehrköpfiges Kletterteam und locker eine Woche Arbeit für vier bis fünf Leute“, rechnet Andreas Eberle vor. „Und dann müssten die gefällten Bäume noch mit der Winde aus dem Hang gezogen werden. Mit dem Bagger geht das zu zweit in drei, vielleicht auch dreieinhalb Tagen.“
Nur: Wer traut sich mit einem Bagger diesen Hang hinauf? „Mit dem Schreitbagger kein Problem“, winkt Eberle ab. „Das klappt schon!“ Nachdem er sein Arbeitsgerät zur „Baustelle“ gebracht und die Maschine für ihren anstehenden Einsatz umgerüstet hat, schickt Eberle zunächst Hofmann, als gelernter Landschaftsgärtner ein erfahrener Baggerfahrer, die ersten Meter den Hang hinauf. Schließlich gilt es noch, einen zweiter Bagger zu holen.
Gangart eines Schreitbaggers

Auch wenn das Gelände hier noch nicht ganz so haarig ansteigt, läuft die Fortbewegung mit einem Bagger dieser Bauart hangaufwärts immer nach demselben Muster ab. Zunächst fährt der A91 mit aufgestellten Beinen an den Hang heran. Dann, mit einsetzender Steigung, werden die vorderen Beine sukzessive hochgeschwenkt. Der Oberwagen bleibt dabei weitestgehend in der Waagerechten. Gilt es jedoch, sich weiter den Hang hinaufzuarbeiten, ist der Allradantrieb des 11-Tonnen-Baggers bald am Ende. Auf dem locker gelagerten Waldboden entwickeln selbst die mit einer sündhaft teuren Forstbereifung versehenen Räder schnell keinen ausreichenden Grip mehr.

Das ist der Moment, an dem sich die besondere Funktion des eigenwilligen Teleskopauslegers des in der Schweiz gebauten Baggers erklärt: Rückte der Mann an den Knüppeln des A91 eben noch mit ausgefahrenem Ausleger und angebauter Westtech-Baumschere den ersten Robinien zu Leibe, die ihm bei der Bewegung nach oben den Weg verstellten, wird der Ausleger nun wieder eingefahren und samt Oberwagen bergab geschwenkt. Anschließend wird die Baumschere per Hydraulik so weit hochgeklappt, bis ein daran angebrachter massiver Stahlfuß mit der Bewegungsachse des Auslegers eine Linie bildet. Über diesen Fuß drückt sich der A91 nun durch erneutes Ausfahren des Teleskoparms auf den Vorderrädern den Hang hinauf. Ist der Ausleger voll ausgefahren, gilt es, auch mit den Hinterbeinen, die bei diesem Manöver jegliche Bodenhaftung einbüßen, wieder Halt zu finden. Dazu dienen vor allem zwei jeweils seitlich neben den Hinterrädern befindliche, hydraulisch ausfahrbare Pratzen. Sie krallen sich, kaum dass die Räder wieder aufgesetzt haben, tief in den weichen Boden.
Vorsichtig entlastet der junge Mann nun durch langsames Einfahren des Auslegers den Stützfuß. Können die Hinterbeine das Gewicht tragen? Kein Problem. Doch wer genau hinsieht, dem entgeht nicht, dass sich just in dem Moment, in dem der Oberwagen zu seiner nach oben gerichteten Schwenkbewegung ansetzt, für Sekundenbruchteile eines der beiden Vorderräder vom Boden hebt. Doch nichts passiert. Bürk kann seine Arbeit fortsetzen. Unvermeidbar scheint auch, so ist bei Beobachtung dieses Manövers festzuhalten, der bei dieser Art der Fortbewegung weitaus höhere Verschleiß der hangaufwärts gerichteten vorderen Reifen. Das war gleich bei der ersten Inaugenscheinnahme des Klettermaxen aufgefallen: Tiefe Furchen und Risse zeugen hier von jahrelanger Schwerstarbeit.
Rodungsarbeit mit Woodcracker

Indessen bewährt sich der Teleskopausleger des A91 auch bei den anstehenden Rodungsarbeiten. Zielgenau bohrt sich der Westtech Woodcracker in gerader Linie durch das Dickicht und fährt jeden Stamm präzise an. Haben die Klauen des Greifers einmal zugepackt, schneidet sich die massive Klinge erbarmungslos durch das Holz. Bis knapp dreißig Zentimeter starke Stämme kann die C250 kappen. Als geradezu genial erweist sich dabei das mittlere, Sammler genannte Klauenpaar. Es behält abgetrennte Stämme fest im Griff, während sich die Hauptklaue um den nächsten Stamm krallt, bis die Schere auch diesen durchtrennt hat. So bleibt es dem Fahrer erspart, jeden Stamm einzeln abzulegen.
Ein Job für Nerven aus Stahl

Dann jedoch, der Hang hat sich in den unteren Regionen schon merklich gelichtet, ahnt der Chef schon, dass es bald Zeit ist, den A91 selbst zu übernehmen. Schnell wird klar warum. Man muss schon genau hinsehen, um gewahr zu werden, dass sich das Terrain nun seinem maximalen Gefälle nähert. Birk, der diese Arbeit erst seit wenigen Monaten kennt, bekommt feuchte Hände. Nicht ganz zu Unrecht. Denn recht bald, nachdem der Chef übernommen hat, wollen sich die Pratzen neben den Hinterrädern nicht mehr so recht festkrallen. Worein auch? Die oberste Bodenschicht besteht aus Reisig und halb verfallenem Blattwerk, darunter lagert eine bröselige, zusammenhanglose Erdschicht.

Dieser Untergrund erlaubt es nicht einmal mehr, sich in gewohnter Weise in die Höhe zu drücken. Na und? Eberle demonstriert, dass es auch anders geht. Mit dem bergwärts ausgefahrenen Ausleger und dem an der Baumschere angebrachten Stahlfuß greift er nun von unten hinter den Stumpf einer eben abgetrennten Robinie und zieht den Menzi durch Einfahren des Teleskopauslegers weiter nach oben. Doch kaum dass Eberle den Ausleger anhebt und den Stumpf loslässt, kommt der Menzi ins Rutschen. Einen Meter geht es locker wieder talwärts. Endlich fängt sich die Maschine und die Arbeit kann weitergehen.
Jetzt ist absolute Konzentration angesagt! Der kleinste Bedienungsfehler kann nun verheerende Folgen haben. In einer derart labilen Position, erklärt Eberle später, sei es wichtig, jeden Impuls auszuschließen, der das latent lauernde Kippmoment anregen könnte. Beim Ablegen der abgetrennten Stämme zum Beispiel sollte man unbedingt die Klauen der Baumschere öffnen, bevor die Schwenkbewegung nach unten zum Stillstand kommt. Sonst laufe man Gefahr, dass allein die von dieser Schwenkbewegung herrührende und auf den Stamm übergegangene Beschleunigungsenergie den Menzi zum Kippen bringt. In der Situation selbst indessen bleibt der Profi die Ruhe selbst.
Der Lohn nicht ungefährlicher Arbeit

So kommt es auch, dass Eberle in der Region inzwischen seinen Ruf weg hat. Vertreter von Kommunen und Gemeinden der an schwierigem Terrain nicht gerade armen Region schätzen, dass der Unternehmer selbst vor haarigsten Einsätzen unter schwierigsten Bedingungen nicht zurückscheut. Dabei ist Eberle alles andere als ein Draufgänger. Wer dem Hohenloher über den Weg läuft, lernt erst einmal einen sympathischen, kontaktfreudigen Typen kennen. Dennoch geht es bei seiner Arbeit nicht immer so gemütlich zu, wie seine Frohnatur glauben machen möchte. Die Gefühle, die ihn bei manchen Einsätzen bestürmen – ähnlich der bangen Frage an Bord eines ins Trudeln geratenen Flugzeugs, so sein Vergleich, ob es sich kurz vor dem Aufprall doch noch abfangen lässt, schleppt er Tage, manchmal sogar Wochen mit sich herum.

Zugute kommt ihm bei vielen Aufträgen allerdings auch die enorme Vielseitigkeit seines Baggers. So wäre zum Beispiel im Jahr 2015 die Beseitigung der Hochwasserschäden im Jagsttal mit einem konventionellen Bagger in der Form kaum zu bewältigen gewesen. Doch der Menzi Muck A91 kann in bis zu 2 Metern Wassertiefe arbeiten. Unterm Strich zählt für den Unternehmer am Ende letztlich eines: Die Anschaffung dieses ursprünglich für Einsätze im alpinen Gelände entwickelten Spezialisten hat sich für ihn ausgezahlt.
Technische DatenMenzi Muck A91 4x4 plus
Gewicht: 11 t
Motor: John Deere 4 Zylinder
Leistung: 104 kW/140 PS
Reichweite: 8.570 mm
Grabtiefe: 5.960 mm
Grabhöhe: 9.420 mm
Antrieb: Allrad